Hausaufgaben - Schulaufgaben - Lernzeiten

 

Das Thema Hausaufgaben wurde und wird gerade mit der Umwandlung von Halbtagsschulen in Ganztagsschulen kontrovers diskutiert. Die persönlichen Einstellungen zu Hausaufgaben reichen dabei von „unerlässlich“ bis zu der Einstellung „Hausaufgaben gehören abgeschafft, sie sind überflüssig“. Konsensfähig ist jedoch die Aussage, dass den Schüler/innen das Erledigen von Hausaufgaben nach einem Unterrichtstag mit sieben Zeitstunden und mehr im Grunde nicht zumutbar ist, um ihre Kinder- und Jugendzeit nicht gänzlich zu „verschulen“.

 

Ganztagsschule und Hausaufgaben passen  allein von der Begrifflichkeit her nicht mehr zusammen.

 

In einer Ganztagsschule werden aus Hausaufgaben Schulaufgaben, an denen  auch in Lernzeiten gearbeitet werden kann. Aufgabe der begleitenden Lehr- und Fachkräfte ist es, den Schülerinnen und Schülern in einer lernförderlichen Atmosphäre diese selbstständige Tätigkeit individuell zu ermöglichen.

 

Literatur:

GanzTag 12 2009 Web 1

Boßhammer, Herbert; Schröder, Birgit: Von den Hausaufgaben zu Aufgaben in der Ganztagsschule - In: Appel, Stefan [Hrsg.]; Rother, Ulrich [Hrsg.]: Schulatmosphäre - Lernlandschaft - Lebenswelt. Schwalbach, Taunus : Wochenschau Verl. 2012, S. 67-81

Boßhammer, Herbert / Eichmann-Ingwersen, Gerda / Schröder, Birgit (2009):

Ganztagsschule — Von Hausaufgaben zu Lernzeiten. In: Der Ganztag in der Sekundarstufe I. Eine Handreichung für Schulen und weitere Partner im Ganztag der Sekundarstufe I. Der GanzTag in NRW. Beiträge zur Qualitätsentwicklung, Heft 12. Münster: Eigenverlag der Serviceagentur „Ganztägig lernen“ Nordrhein-Westfalen“, S. 17 — 24.

http://www.ganztag-nrw.de/fileadmin/user_upload/GanzTag_12_2009_Web.pdf

© Birgit Schröder – Herbert Boßhammer, Serviceagentur „Ganztägig lernen in NRW“

 

Von den Hausaufgaben zu der Gestaltung von Lernzeiten

 

Neben den organisatorischen Belangen zu Hausaufgaben ist es unabdingbar, Kenntnisse über die Grundlagen zu haben bzw. zu vermitteln. Daneben ist es unerlässlich sich im Zuge der Beschäftigung mit Hausaufgaben auf die Metaebene zu begeben und die Erwartungen und Einstellungen, vor allem der Lehrkräfte (aber auch des betreuenden Hausaufgabenpersonals und der Eltern) zu bedenken und hinterfragen.

 

Grundlagen zu Hausaufgaben gesetzliche Vorgaben, Erlasse, Schulprogramm

In welchen Bereichen und zu welchen Fragen eine Diskussion und ggf. eine Konsensfindung wichtig ist, dazu finden Sie im Folgenden Anregungen.

nach Liebert

 

Ein Kollegium muss sich einigen

  • über den Umfang der Aufgaben:
  • Wie viele Aufgaben können wir eigentlich aufgeben?
  • Was schaffen die Schülerinnen und Schüler in einer Stunde?
  • Müssen wir in allen Fächern Aufgaben geben oder können wir uns auf wenige Fächer beschränken?
  • Weiche Art von Aufgaben, welche Aufgabenstellung ist eigentlich sinnvoll?
  • Gibt es Aufgaben, die die Schüler/innen nicht in der Ganztagsschule, sondern nur zu Hause erledigen können?
  • Wie geht man damit um, dass Schülerinnen und Schüler unterschiedlich viel Zeit benötigen?
  • über methodische Fragen beim Bewältigen der Aufgaben:
  • Welche Strategien zur Aufgabenheft-Führung vermitteln wir den Schülerinnen und Schülern?
    • Was trage ich wo ein?
    • Wie markiere ich erledigte Aufgaben?
  • Welche Tipps zum Erledigen der Aufgaben geben wir?
    • in Portionen einteilen,
    • mit etwas Leichtem beginnen,
    • Pausen einlegen
  • Welche Rituale zum Einsteigen in die Arbeit sprechen wir ab?
  • Tisch leer räumen?
  • Arbeitsutensilien bereit legen?
  • Stifte spitzen!
  • Aufgabenheft bereit?
  • Weiche Strategien zum Umgang mit der Zeit besprechen wir mit den Schülerinnen und Schülern?
  • Wie lang ist eigentlich eine Minute?
  • Was kann man in 5 Minuten alles erledigen?
  • Wie lange brauche ich für welche Aufgaben?
  • Welche Strategien zur Erstellung eines Planes geben wir den Schülerinnen und Schülern mit?
  • An welchem Tag mache ich weiche Aufgaben?
  • Wie verteile ich meine Aufgaben über einen längeren Zeitraum?
  • Wie kann ich selbst meine Aufgaben kontrollieren?
  • über den didaktischen Stellenwert der Aufgaben:
  • Welche Funktionen sollen die Aufgaben erfüllen?
  • den Unterricht vorbereiten,
  • Gelerntes üben oder festigen,
  • durch Training verinnerlichen
  • Wie können differenzierte Aufgaben gestellt und organisiert werden?
  • Können wir eine differenzierte Aufgabenstellung überhaupt leisten?
  • Wie können wir die Prozesse der Aufgabenstellung und der Kontrolle zeitlich effektiver gestalten?
  • Wie müssen Aufgaben gestellt sein, damit die Schülerinnen und Schüler sie möglichst selbständig erledigen können? - Dies ist auch eine Forderung der Schulordnungen für die Grundschulen und die weiterführenden Schulen: dass die Schülerinnen und Schüler die Aufgaben ohne außerschulische Hilfe erledigen können. Das gerät bei vielen Kollegen und Kolleginnen oft in Vergessenheit.
  • Inwieweit soll die aufgabenbegleitende Person den Schülerinnen und Schülern helfen? Oder anders gefragt: Ist die Nachmittagskraft „nur" Aufsichtsperson oder hat sie auch Förderaufgaben?
  • Können die Schülerinnen und Schüler in die Findung und Gestaltung von Hausaufgaben einbezogen werden?
  • Können dadurch immer stärker individuelle Aufgabenstellungen realisiert werden?

Und ein Kollegium muss sich auch über die grundsätzliche Frage verständigen:

Können wir eventuell ganz auf Hausaufgaben verzichten?

Aufgaben stellen

  • integrierter Bestandteil der Unterrichtsplanung
  • Zeitpunkt des Stellens
  • Qualität statt Quantität
  • individuell (differenziert, sinnvoll, anregend…)
  • visualisieren
  • Medienvielfalt
  • Arbeitsformen

Aufgaben würdigen

  • unmittelbare Rückmeldung
  • ergebnisorientiert
  • prozessorientiert
  • Nachbesprechungen organisieren
  • Diskussionsmöglichkeiten schaffen

SchülerInnen begleiten/ organisieren

  • pünktliches Erscheinen
  • angenehme Arbeitsatmosphäre
  • Team- und Gruppenarbeit
  • Kontinuität
  • sinnvolle Zeitnutzung
  • Materialpflege

Vor dem Beginn der Lernzeit:

  • Werden die Schülerinnen und der Schüler zur Lernzeit gerufen?
  • Gibt es ein akustisches Signal, damit die Schülerinnen und der Schüler wissen, die Lernzeit beginnt?
  • Sind die Schülerinnen und der Schüler auf sich selbst gestellt und müssen eigenständig auf die Zeit achten?
  • Gibt es für die Schülerinnen und der Schüler verschiedene Zeiten (völlige Wahlfreiheit, gruppenspezifisch, klassenspezifisch, klassenübergreifend), zu denen sie ihre Lernzeit machen können?
  • Dürfen die Schülerinnen und der Schüler eigenständig den Raum aufsuchen?
  • Gibt es eine Begleitkraft, um in den Raum zu kommen?
  • Gibt es für die Schülerinnen und Schüler einen zentralen Sammelplatz, um gemeinsam in den Raum zur Lernzeit zu gehen?

Ort der Lernzeit

  • Findet die Lernzeit für die Schülerinnen und Schüler täglich in dem gleichen Raum statt?
  • Wird der Raum täglich gewechselt, je nach dem wo gerade Platz ist?
  • Können sich die Schülerinnen und Schüler eigenständig einen Ort suchen, um ihre Lernzeit zu machen?

Vor der Beginn der Arbeitsphase:

  • Sind die Schülerinnen und Schüler pünktlich zur Lernzeit erschienen?
  • Haben die Schülerinnen und Schüler einen festen Arbeitsplatz (Tisch und Stuhl)?
  • Können die Schülerinnen und Schüler täglich sich neu entscheiden, wo sie sitzen möchten?
  • Können die Schülerinnen und Schüler täglich neu entscheiden, mit wem sie zusammensitzen möchten?
  • Haben die Schülerinnen und Schüler die Möglichkeit, an Gruppentischen zu sitzen, um gemeinsam mit anderen die Aufgaben zu erledigen?
  • Haben die Schülerinnen und Schüler ihre Arbeitsmaterialien dabei?
    • Anspitzer
    • Bleistift
    • Radiergummi
    • Lineal
    • Arbeitsheft, Arbeitsblätter …
    • Entsprechende Bücher, Medien, Materialien…
  • Gibt es eine zentrale Uhr, damit die Schülerinnen und Schüler sich während der Lernzeit orientieren können?
  • Wie finden die Schülerinnen und Schüler zur Ruhe?
  • Kennen die Schülerinnen und Schüler eigenständige Formen, sich zur Ruhe zu bringen, z. B. durch bestimmte Bewegungs- und Konzentrationsübungen, Übungen aus der Edukinesthetik etc…?
  • Gibt es eine zentrale Konzentrationsübung vorab, an der sich alle Schülerinnen und Schüler beteiligen und die angeleitet wird?
  • Gibt es ein allgemeines Startzeichen für alle Schülerinnen und Schüler, damit sie wissen, jetzt beginnt die Arbeitsphase?

Arbeitsphase:

  • Wissen die Schülerinnen und Schüler, welche Aufgaben gestellt sind?
  • Haben sich die Schülerinnen und Schüler die Aufgaben schriftlich notiert und können darauf zurückgreifen?
  • Ist die Aufgabenstellung für jede Schülerin und jeden Schüler klar und verständlich?
  • Ist die Form der Aufgabenstellung für die Schülerinnen und Schüler bekannt?
  • Können die Schülerinnen und Schüler eigenständig im Sinne des Hausaufgabenerlasses die Aufgaben bearbeiten (eigenständig in einer angemessenen Zeit)?
  • Können und dürfen die Schülerinnen und Schüler mit anderen zusammenarbeiten?
  • Kennen die Schülerinnen und Schüler Zusatzmaterialien, die sie nutzen können, falls sie vor der vereinbarten Zeit ihre Aufgaben erledigt haben
  • Müssen die Schülerinnen und Schüler eigenständig ihre Arbeitszeit einteilen?

SchülerInnen begleiten/unterstützen

  • Fördern der Selbstständigkeit
  • emotional unterstützen und bekräftigen
  • Sozialbeziehungen fördern
  • direktes Einmischen vermeiden
  • Impulse geben
  • Was ist meine Aufgabe?
  • Ich mache mir einen Plan!
  • Ich arbeite nach dem S-O-S-Prinzip.
  • Habe ich alles richtig gemacht?
  • Das habe ich gut gemacht!
  • Was habe ich zu tun?
  • Sind in der Aufgabe Fragen enthalten?
  • Verstehe ich die Fragen?
  • Habe ich ein ähnliches Problem schon einmal gelöst?
  • Wie gehe ich vor?
  • Wie viel Zeit brauche ich für die einzelnen Schritte?
  • Möchte ich mit einer/m Mitschüler/in zusammenarbeiten?
  • Welches Material benötige ich?
    • Hefte, Arbeitsblätter, Bücher, andere Medien etc.
  • Ist mein Arbeitsmaterial vollständig?
    • angespitzte Stifte
    • Radiergummi, Anspitzer
    • Lineal
    • Kleber, Schere
  • S = selbständig
  • O = ordentlich
  • S = sorgfältig
  • Ich bearbeite meinen Plan Schritt für Schritt.
  • Was hat mir dabei geholfen?
  • Bin ich mit der Zeit sorgsam umgegangen?
  • Habe ich konzentriert und angestrengt gearbeitet?
  • Habe ich nach dem S-O-S-Prinzip gearbeitet?
  • Entlastung für die Familien am Nachmittag
  • Hausaufgabenangebot ist Teil der Akzeptanz der Ganztagsschulen.
  • Erledigung und Anleitung zu den Hausaufgaben als leitendes Motiv für die Anmeldung ihres Kindes in Ganztagsschulen.
  • Hausaufgaben müssen „fertig“ und „fehlerfrei“ sein.
  • Erleben einen Kontrollverlust, wenn alle Lernphasen an der Schule verbleiben.

Sind die Eltern über Sinn und Unsinn der Hausaufgaben informiert?

Wissen sie, in welcher Form, mit welcher Unterstützung die Lehrkraft die Hausaufgaben erledigt wünscht?

Gestaltung von Lernzeiten: Im Prozess von den Hausaufgaben zur Gestaltung von Lernzeiten müssen alle Beteiligten die Bedingungen ihrer Schule reflektieren, um ein standortbezogenes (Haus-) Aufgabenkonzept zu entwickeln.

gestaltung von lernzeit(Höhmann, K., 2007, Hausaufgaben an der Ganztagsschule, Schwalbach/Ts)

 

Gruppenzusammensetzung und Verbindlichkeit

Welche Schülergruppen sollen sinnvoller Weise in eine Gruppe

(klassenweise, jahrgangsweise)?


Schulkonzept und Förderprogramm

  • • Wie funktioniert das Informationssystem zwischen aufgabengebenden Lehrkräften und der Begleitung (mündlich, Laufzettel, Info im Hausaufgabenheft)
  • • Gibt es ein schriftliches Informationssystem über die gegebenen Hausaufgaben zwischen Lehrkraft – Begleitung in Lernzeiten – Eltern?

(Hausaufgabenheft bzw. zum Gegenzeichnen, zur Information, ….)

Kommunikation und Kooperation

Kooperation

nach Höhmann

10 Fragen zur Kooperation zwischen Hausaufgabenbetreuungskräften und Lehrerinnen und Lehrern:

  1. 1. Kennen sich die Hausaufgabenbetreuungskräfte und die Lehrer(innen)?

Gibt es eine Konferenz, auf der sie einander vorgestellt werden?

  1. 2. Welche Gremien, in denen sowohl Betreuungskräfte als auch Lehrkräfte sitzen, gibt es, die sich über Form, Länge, Funktion und Ausführung der Hausaufgaben verständigen?
  2. 3. Wie werden Beobachtungen, die die Betreuungskräfte zum Lernverhalten und zu Lernschwierigkeiten wie Lernpotenzialen der Schüler(innen) machen, an die Lehrer(innen) weitergegeben?
  3. Wie werden die Hausaufgabenbetreuungskräfte über schulische Absprachen informiert?
  4. Werden die Hausaufgabenbetreuungskräfte in die Elternabende mit einbezogen?
  5. 6. Wie werden die Hausaufgabenbetreuungskräfte unterstützt, wenn es Disziplinprobleme gibt?
  6. 7. An wen können sich die Hausaufgabenbetreuungskräfte bei fachlichen Problemen wenden?
  7. Wie werden die Hausaufgabenbetreuer(innen) informiert, wenn Kinder krank oder entschuldigt sind?
  8. Wen können die Hausaufgabenbetreuer(innen) informieren, wenn für die Hausaufgabenbetreuung angemeldete Kinder nicht anwesend sind?
  9. 10. Gibt es für die Mitarbeiter(innen) der Hausaufgabenbetreuung Postfächer?“

Gibt es einen Austausch zwischen den Hausaufgaben gebenden Lehrkräften und den Hausaufgabenbetreuungskräften über die erwartete Form der Hausaufgabe?
Ist die Hilfe der Betreuungskräfte erwünscht?
Sollen die Kinder die Hausaufgaben selbstständig machen?

Kommunikation und Kooperation

organisatorisch

  • Wie wird der Austausch zwischen Lehrkräften und Begleitern organisiert?
  • Wie organisiert man gemeinsame Zeiten für die Entwicklung eines gemeinsamen Konzepts?
  • Gibt es Absprachen im Jahrgangs- oder Klassenteam über Art, Funktion und Dauer der gestellten Aufgaben?
  • Wie werden Beobachtungen, die die Begleiter zum Lernverhalten und zu Lernschwierigkeiten der Schüler machen, an die Lehrer weitergegeben?
  • Wie werden die Begleiter über schulische Absprachen informiert?
  • Haben die Begleiter einen schulischen Ansprechpartner?

inhaltlich

  • Wie kann man sinnvolle und klare Regeln erstellen und etablieren?
  • Wie werden neue Kräfte eingewiesen?
  • Gibt es gegenseitige Hospitationen?
  • Wie werden die Eltern über die Aufgabenpraxis informiert oder sogar als Partner im Lernprozess der Kinder gewonnen?
  • Wie werden die Schüler über die Aufgaben informiert?
  • Wird regelmäßig Feedback von den Schülern eingeholt?


Hausaufgabenort und –ausstattung

Wo findet die Lernzeit statt?
(Klassenraum, Bibliothek, irgendwo, gibt es Hilfsmittel wie Lexika, Internet)

Personaleinsatz

Welches Personal übernimmt die Aufgabenbegleitung?
(Lehrkräfte, päd. Personal, Hilfskräfte, Eltern)?

Zeitpunkt und Zeitdauer

Wird die Lernzeit im Unterricht, vor dem Unterricht oder im Anschluss an den Unterrichtstag platziert?
Gibt es eine Kollision mit anderen attraktiven AG- bzw. Freizeitangeboten?

© Birgit Schröder – Herbert Boßhammer, Serviceagentur „Ganztägig lernen in NRW“